mit Götz Aly, Politikwissenschaftler, Historiker und Journalist.
Wie ein bayerisch-jüdischer Beamter schon 1923 den Holocaust vorhersagte: Scharf beobachtend und mit jüdischem Witz schrieb Siegfried Lichtenstaedter (1865-1942) Satiren und Prognosen, die so verblüffend hellsichtig sind, dass der Historiker Götz Aly sie ausgegraben und neu zusammengestellt hat. Lichtenstaedter war ein studierter Orientalist, Jude und Homosexueller, der 1942 im Ghetto Theresienstadt ermordet wurde. Als „Prophet der Vernichtung“ sah er die grausamen Verbrechen an den Juden mit seinem messerscharfen Verstand glasklar voraus; jede Zeile seines in Vergessenheit geratenen und nun neu veröffentlichten Werkes sei darum eine Warnung, in der heutigen Zeit wachsam zu bleiben, schreibt ein Rezensent. In drei begleitenden Essays schildert der Herausgeber Götz Aly Lichtenstaedters Leben und zeigt, wie aktuell diese Texte über Antisemitismus, Völkermord und Hass heute wieder sind. Früh erkannte Lichtenstaedter die Gefahren des leisen und hinterhältigen deutschen Antisemitismus und des allgemeinen, oft unvermutet hervorbrechenden Minderheitenhasses.